Das Bier ist schlecht, der
Schinken hingegen gut!

„Vlotho, Vlote, Vlotha ist an der Weser gelegen und früher eine eigene Herrschaft gewesen, jetzt aber wird Vlotho unter die Hauptstädte der Grafschaft Ravensberg gerechnet“, dies schrieb Matthaeus Merian der Ältere 1647 über die Weserstadt. Der Hermann Hermes Verlag hat diese Worte des gebürtigen Baselers neu aufgelegt. „Topgraphia Westphaliae“, vor über 350 Jahren geschrieben und mit zahlreichen Kupferstichen versehen, bietet dieses Werk einen interessanten Überblick über den „hochlöblichen Westfälischen Kreis“.

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Matthaeus Merian orientierte sich dabei jedoch nicht am heutigen Verständnis von Westfalen (wie sollte er auch), sondern an der Einteilung des Kaisers Maximilian I. aus dem Jahre 1512. In der Einleitung beschreibt Merian die Grenzen des Kreises wie folgt: „Von Morgen die Weser, von Mitternacht Friesland und das Land von Uetrecht, vom Abend der Rhein und von Mittag das hessische Geburg.“


Im ersten Teil des Werkes über die vornehmsten und bekanntesten Städte und Plätze ist die Weserstadt ebenso wie zum Beispiel Möllenbeck oder Hausberge nicht zu finden. Erst im Anhang der Orte, „die zum Teil in fremden Händen sind und es besteht nur geringe Hoffnung, daß sie wieder zum Reich kommen“. Über Vlotho erfährt der Leser weiter: „In der Braunschweigischen Chronik steht: Anno 1341 wurde das Schloß Vlotho versetzt. Die Herrschaft gehört jetzt in die Grafschaft Ravensberg, wie sie früher regiert wurde, weiß ich nicht.“

Gerade an dieser Stelle fällt auf, das der Text den Merian einst schrieb was wörtlich ins Deutsch übersetzt wurde. Die Herausgeber haben versucht die Eigentümlichkeit der Sprache des ausgehenden Mittelalters (oft benutzte Merian örtliche Dialekte) zu erhalten. Auch Fehler, die Merian zweifelsohne machte, da er aus Chroniken oder anderen Werken unreflektiert zitierte, wurden übernommen.

Die „Topographia Westphalie“ wurde während des 30jährigen Krieges veröffentlicht, daher sind auf einigen Kupferstichen auch Belagerungsszenen abgebildet. Die Kriegswirren schienen für Matthaeus Merian jedoch der Anlaß gewesen zu sein, zu beschreiben, daß die zerstörerische Kraft des Krieges nicht alle Städte erreicht hat. Merian hat das Handwerk des Kupferstechers bei seinem späteren Schwiegervater Johannes de Bry in Oppenheim gelernt, aber nicht alle Bilder in dem Werk stammen von seinen Händen. Es stammen einige von seinen Schülern oder vorhandene Kupferstiche wurden ausgeliehen“.

Über Vlothos Nachbarstadt Hausberge schreibt der Autor: „Graf Simon ist der letzte derer vom Berge oder Hausberge im Stift Minden gewesen und nach seinem Tod fiel alles an seinen Bruder Otto, Bischof zu Minden und das ganze Land vom Berge kam über das Testament nach Minden“. „Möllenbeck, ein Kloster in der Grafschaft Schaumburg, nahe bei Rinteln und der Weser, das Hilleburg, Gemahlin des Grafen Uffo Anno 896 unter dem Bischof Drage zu Minden gestiftet“, ist weiterhin zu erfahren. Ein großer Teil des Buches ist Enger gewidmet, „dieser Ort war früher eine richtige Stadt, aber seit ihrer Zerstörung gleich sie mehr einem Dorf“. Außerdem zu finden sind Nachbarstädte wie Detmold, Herford, Bad Salzuflen oder Lemgo. Ein Blick in das umfangreiche und lesenswerte Werk lohnt sich auf jeden Fall!

„Westfalen ist ein ziemlich rauhes Land, in dem kein Wein wächst; auch das Bier ist an vielen Orten nicht zum besten. Trotzdem gibt es überall herzhafte Weiden für das Vieh und die westfälischen Schinken sind weithin bekannt“, auch heute hat diese Einschätzung Merians nichts an seiner Aussagekraft verloren.

„Topographia Westphaliae“, Verlag Hermann Hermes, Marktstraße 6, 34 414 Warburg, ISBN-Nr. 922032-99-0, Preis 68 Mark.

Von Lars Schulz

  
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